Camouflage mit Worten

Camouflage mit Worten

„Du, ich meine es nicht persönlich.“  Diesem harmlosen Sätzchen folgt nun – nahezu zwingend – ein gnadenloser „Stich ins Herz“, der genau das ist, was er vorgab, nicht sein zu wollen: persönlich gemeint. Was sonst? Schöne Worte camouflieren eine unschöne Absicht.

„Bei aller Wertschätzung …“ ist ein anderes Beispiel. Diese Floskel wird gerne vorangestellt, wenn man sein Gegenüber für besonders dämlich hält. „Bei aller Wertschätzung, aber hier muss ich Sie korrigieren“ ist die Camouflage für „Sie Dummkopf, ich erkläre es Ihnen jetzt.“

Raffiniert ist das „Ich sag jetzt mal was und bitte korrigieren Sie mich, wenn ich falsch liege“. Vorgeblich ein Angebot, Zweifel auszudrücken, in Wahrheit aber das anmaßende Gegenteil: „Ich verkünde jetzt die Wahrheit.“

Nun ist die Camouflage, also die Verschleierung, von Worten und Sätzen ja an sich nichts Schlechtes. Wohlmeinende würden es sogar „diplomatisch“, vielleicht auch höflich nennen. „Wenn man den Pfeil der Wahrheit abschießt, sollte man ihn vorher in Honig tauchen“, sagt ein chinesisches Sprichwort.

Vorbereitung eines Angriffs

Allerdings gibt es da doch – so meine ich – einen Unterschied zwischen höflich, diplomatisch oder gar einfühlsam. Rücksichtsvoll ist das eine, hinterhältig das andere. „Ich meines es nicht persönlich“ oder „Bei aller Wertschätzung“ dienen der Vorbereitung eines Angriffs und als solche sollte man Sätze dieser Art auch dechiffrieren und entschleiern.

Seien Sie also vorsichtig, wenn – zum Beispiel am Ende eines Meetings – sich der Versammlungsleiter Ihnen zuwendet und sagt: „Jetzt interessiert mich noch Ihre Meinung.“ Natürlich kann das ernsthaft interessiert abgesendet worden sein – keine Frage. Aber im Großteil aller Fälle meint es nichts anderes als „So, jetzt sondern Sie auch noch Ihren Stuss ab, damit Sie hinterher nicht sagen können, Sie wären nicht zu Wort gekommen.“ Der Lackmustest für die wahre Absicht ist, ob der Absender sich wirklich mit einem Argument auseinandersetzt oder sich einfach nur bedankt. „Danke schön für Ihren wichtigen Beitrag“ wäre dann der Gipfel der Heuchelei.

Honi soit qui mal y pense.